Dienstag, 29. Juli 2014

un feu d'artifice.



Ich sitze mal wieder im Zug. Das fahrende Geräusch des brausenden TGV erinnert mich an das asthmatische Gerassel meines Kühlschranks letzte Nacht, dass mich früh um fünf aus dem Schlaf riss. Haha, ein Gerassel, das reißt.. Nur leider keine Witze. Ich verstecke mich in den großen Sitzen, habe den Versuch eine Bilanz zu verstehen nun endlich aufgegeben und schlage mich mit anderen Tabellen herum. Zudem hoffe ich innerlich, dass der Schaffner nicht kontrolliert. Die Bahnkarte für tolle Reduzierungen liegt auf dem Tisch in Strasbourg und lacht sich ins Fäustchen. Sowas, und ich dachte, nach der hitzigen Arbeitszeit im Büro müsste ich heute nicht mehr schwitzen. Noch knapp eine Stunde Fahrt und bei mir gurgelt es im Herzen. Oh bitte nicht, ich möchte doch am Montag ein wenig Schlussverkaufsluft schnuppern! (Auch wenn ich glaube, dass die Reinigungschemikale der Putzfrau in den Büroräumen meinen Geruchssinn weggeätzt hat.) Ich fahre nach Paris. Zehn Tage nur Saint-Germain-des-Près, Marais, Seine, Jardin du Luxembourg, meine Wohnung, die alte Teetasse, ein buntes Durcheinander, Freundinnen als Mittagsgesellschaft und Freund um mich herum – herrlich. So soll es sein. So einfach kann es sein. Na gut, eine wichtige Sache ist jeden Tag zu machen (schrieb sie und weigerte sich das Wort zu nennen), aber auch das scheint mir heute Abend eine Leichtigkeit. Motivation vom verspannten Nacken bis zu den fröstelnden Zehen. Na toll, da ist der Schaffner …


Montag

Und nun bin ich in 30 Minuten wieder in Strasbourg. Die Nacht verbrachte ich mit schlechtem Gewissen. Wie Dracula zog es über mich und saugte am Herz. Haha, ein Walzer des Genusses. Nicht lustig. Dazu kam Hitze, vom sonnengebräunten Körper und von der dicken Bettdecke. Dann, gegen vier Uhr morgens, fing es an zu regnen und ich bin endlich eingeschlafen. Komischer Traum, eine Stunde später aufstehen. Paris sah ganz verschlafen aus. Aber, was für ein schöner Regenschimmer auf den Häusern und Laternen.






Was passierte diese Woche also im Einzelnen? Das letzte Wochenende war zum Glück ganz ruhig. Durch die Strassen flanieren, sich innerlich auf den Schlussverkauf freuen, Küsse und der Versuch auszuschlafen. Am Montag, nachdem ein wenig getippt wurde, um halbwegs anständig und mit leichtem Herzen den Nachmittag zu verbringen, ging es also auf die Prozente-Pirsch. Ein wahres Happening für jeden Begeisterten. In der allerletzten Woche des Schlussverkaufsereignisses bzw. Wirbels durch die Läden zu ziehen, ist ja immer so eine Sache. Einerseits kann man unglaubliche Schnäppchen machen, andererseits lohnt es sich nicht einmal ansatzweise den Verkäufern mit der Frage: „Haben Sie das  noch in 34?“ oder „Gab es dieses Muster nicht auch als Kleid?“ zu kommen. Da erntet man nur erstaunte Blicke des Genres : Wie kann sie so etwas jetzt noch fragen?. Also muss sich das Plappermaul zusammen reissen und eben fünf Bash – Boutiquen auf den Kopf stellen, um zwar einem Kleid, aber nicht der passenden Grösse auf die Schliche zu kommen. Na, der Ärger darüber wurde in Schuhen ausgelassen. Wie schön, dass man sich alle Möglichkeiten offen lassen kann. Es lebe der Schlussverkauf! Dramatisch endete dieser allerdings mit einer Suche nach einem Ring, den ich ausversehen in den Müll geschmissen hatte, anstatt ihn, artig, in den Schrank zu räumen. Zum Glück war es nur der Papiermüll…


 

Hin-und wieder in der Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts gewesen und viel Zeit mit Recherche, Lesen und Masterarbeit verbracht. Über und über mit Büchern bestückt, sass ich an dem schönen grossen Tisch in grün und starrte von Zeit zu Zeit in den Innenhof. Da sah es in den ersten Tagen ein wenig grau aus, aber ich hatte ja Unterhaltung mit Nietzsche, Marcuse und Elias. Als mein Wille zu bleiben irgendwann die Hintertür nahm, kam die Bibliothekarin und sagte: „Ich habe endlich die zwei Bücher gefunden, die Sie heute Morgen bestellt haben.“ Ach so? Scheibenkleister, die hatte ich vergessen und da ich nun ernsthafte Miene zur räsonnierten Arbeit machen wollte, quälte ich mich weiter. Endresultat: Ich habe sogar etwas zu Papier gebracht in dieser Woche. Natürlich bei weitem nicht so viel, wie mit dem enthusiastischem Esprit vereinbart, aber doch, Panik muss nicht mehr mein ständiger Begleiter sein. Hoffentlich ist es trotzdem bald vorbei!


Mit Freunden zu Mittag gegessen. Geburtstag gefeiert. Dazu Schokoladenkuchen gefuttert. 26 Jahre. Naja, Weisheit und Eleganz sind immer noch ferne Verwandte. Daumen in der Kaffeetasse einklemmen, einer Nudel im Kochtopf den Krieg erklären… nennt man nun so etwas charmant oder unreif?!



Den feirigen Abend allerdings im Théâtre de Chatelet gewesen, um dem San Francisco Ballet zu applaudieren. Wonderful, marvellous! Ein Vergnügen, ein Angebot, Menschen beim Exprimieren zuzusehen. Keine steife Ballerina in Tütü. Leichte Kostüme, ausdrucksvolle Gesichter. Keine Geschichte in fünf Akten. Kein Sterben oder Leid. Ausdruck der Freude. Die spanische Seniorita im roten Kleid, vor mir sitzend, fand das genauso und konnte nicht umhin es ihrer Nachbarin regelmässig ins Ohr zu quietschen oder aufzuspringen. Ja, das mit dem sitzen bleiben während andere sich bewegen, ist schwer, weiss ich. Aber, holla die Waldfee, so ungemütlich waren die Sitze nun auch wieder nicht! Nach der Vorstellung ging es langsam nach Hause. Es war immer noch richtig heiss und sollte nur ein Vorgeschmack auf das Wochenende und die Kapazitäten der Sonnenkugel sein. Samstag, also schnell schnell, in den Jardin de Luxembourg. Als Mademoiselle nach zwei Stunden mit ihrem Briefroman auf den gerillten Stühlen hin-und herrutschte, wurde es dann wirklich Zeit sich einen neuen Plan auszudenken. Die Neugier zog uns zu Paris Plage, dem künstlichen Strand an der Seine. Die schiere Unmöglichkeit eines Platzes im Schatten und dann auch noch für zwei Person, lachte uns an, ja beinahe aus. Bis wir, ritterlich und unerwartet, eine riesige Hängematte für Zwei fanden. Da lagen wir also. Der Lärm um uns herum verwandelte sich in melodiöses Hintergrundgequatsche. Wir starrten in den Himmel, erzählten mal etwas, staunten über grün gefleckte Leggins mit pinken Sportschuhen, philosophierten über das Angeln und konnten das 20h-Bimmeln der Notre Dame nicht fassen.



 Und nun? Eine neue Woche.


    























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