Freitag, 13. Juni 2014

un extrait de la mémoire.



Diesen Text schrieb ich vor zwei Wochen. Im Zug sitzend. Aufgeladen vom Gedanken an den Feierabend, an die Landluft und die Füße im Wasser. Und mit schlechtem Gewissen, da der To-Do-Eintrag : BLOG! von Woche zu Woche mit unterschiedlichen Farben unterstrichen, großgeschrieben, umrundet, verviereckt wurde … Dann ging die Batterie herunter; der Computer und das Telefon waren in den nächsten Tagen nur noch kaputte Gegenstände und alles Material befand sich darauf. Heute, es ist Freitagabend und im Nachbarhaus rollt auf jeder Etage ein Ball über die Flachbildschirme, habe ich diese untenstehenden Worte wiedergefunden. Die wird es jetzt ohne Fotos geben müssen… Ich hoffe, nächste Woche dann noch einmal einen solchen Bericht über soooo viele Dinge zu schreiben (Festival Premières, Sonne, Umzug etc). Mit Bildern.
Nun, viel Spass beim Lesen und zögert nicht, eine Nachricht, Fragen und so weiter zu hinterlassen!


 Der Zug bremst urplötzlich und ich bemerke das Umfallen meiner Kugelhupfe. Zum Glück haben sie die richtige Form um durch das Abteil zu rollen.
Es ist Freitagabend und ich freue mich auf eines ganz besonders an diesem Wochenende: ausschlafen. Selbst wenn ich in den Süden fahre und es wahrscheinlich als unhöflich angesehen wird ewig unter der Bettdecke zu liegen, möchte ich meinen Augen Zeit zum Ausruhen geben. Die letzten Wochen sind wie die kleine mexikanische Rennmaus davon geeilt und alle Eindrücke konnten gar nicht so schnell notiert werden, wie sie wieder davon geflogen sind.

Strasbourg. Eine so niedliche Stadt, das selbst Dorothee und Toto weglaufen würden. Alles ist sauber, alle Bewohner sind zuvorkommend und aufmerksam. Es ist wie in einer zauberhaften Schneekugel zu stecken. Anfangs klopft man gegen das Glas und denkt sich : „Nanu, wo ist denn hier nur der Sauerstoff?!“; mit der Zeit kann sich der pariserische Kleinsnobismus sogar daran gewöhnen. Die Innenstadt ist wunderhübsch, nur die Kathedrale wirkte zu Beginn ein wenig einschüchternd. Sie machte in den ersten Tagen den Eindruck, als fiele sie jeden Moment um. So in etwa habe ich mir den Schiefen Turm von Pisa vorgestellt. Mittlerweile habe ich mich auch daran gewöhnt, auch wenn sie einfach so und überall auftaucht. Sie ist der Orientierungspunkt, wenn man durch die kleinen Gassen der Stadt läuft. Durch die Arbeit konnte ich schon ein paar herrliche und kreative Orte entdecken. Schade, das die Sommerpause bevor steht, somit müssen sooooo viele Theater und ich bis zum Herbst warten! Allerdings hatte ich meine erste Straßburger Kulturerfahrung diesen Mittwoch, als es im Rahmen des Festivals Nouvelle Danse ins Maillon zu Sacre Sacré Printemps von Laurent Chétouane ging. Moderner Tanz ist ja eine perfekte (oh Faden verloren, vor mir im Zug hat sich eine Frau gerade einen Kugelhupf geschnappt und für eine Sekunde befürchtete ich einen Angriff auf meinen Kuchenbeutel…) Alternative für alle, die nichts mit Tütü und Applaus alle fünf Minuten anfangen können. Und hierbei sah es nach professionellem Spaß aus. Die Körperspannung glich keinem Blitzschlag und die Maillots hatten vermutlich die Bequemlichkeit von Schlafanzügen. Ich finde es gut, das es in solchen Stücken nicht 100 % um das Verstehen und eine feste Bedeutung geht. Wenn du etwas aus den Bewegungen lesen kannst, ok, dann prima, doch wenn nicht, erfreue dich einfach am Rhythmus und der Melodie der Körper. (Gerade hält der Zug in Dijon, dem Senfparadies. Die Innenstadt sieht herrlich alt aus und die Kathedrale hat einen wunderschönen grünen Turm.)

Am Montag wird endlich umgezogen. In den letzten Wochen hauste ich in einer sehr charmanten WG. Ein wenig weit weg (www... hihi!), doch ein trautes Dach über dem Kopf mit ausreichendem Platz für meine Schuhe. Gestern veranstalteten wir ein winziges Diner, das ich mit Tee und wirren Blicken verbrachte, während die anderen es sich bei bulgarischen Sonstewas-Leberfreuden gemütlich machten. Der Duft des Calvados' klebte förmlich die ganze Nacht an den Wänden, sodass sich Träume von Cidre und der Normandie einschleichen konnten. Nun, in ein paar Tagen verlasse ich das Wohngebiet und ziehe Richtung Zentrum, umgeben vom Théâtre National de Strasbourg und der Bibliothèque nationale und der DRAC und der préfecture und und und...

Auch andere sympathische Menschen kennengelernt, mit denen man zu Diskomusik kichern und die Mittagspausen verbringen kann.
Nicht allzu attraktiv fand ich die Wahlergebnisse der EU-Wahl, die mir immer noch auf den Magen schlagen. Es scheint, als hätten sie kaum Auswirkungen auf die Mehrheit der Bevölkerung, ich meine im moralischen Sinne. Währenddessen Presse und einige Gewillte vor Eifer und Energie nicht mehr ruhig schlafen können, heißt es an anderen Ecken nur: „Naja, die FN hat in der EU-Wahl alles an Stimmen bekommen, deswegen wird sie aber noch lange nicht Präsident!“ Oder man hört Scherze zur eventuellen und grauenhaften Entwicklung des Landes: „Pass nur auf, in zwei Jahren wirst du keine türkischen Ausdrücke mehr sagen dürfen, hahaha.“. Wie schon gesagt: grauenhaft. Sollte es nicht ein Prinzip sein die eine Stimme, die man hat, in jedem Feld, nur nicht dort zu machen? Was weht nur durch dieses Europa? Und warum scheinen sich so viele in krisenhaften Momenten trotz historischer Erfahrungen und Kenntnisse, NICHT weiterentwickelt zu haben? Wie weit muss es denn noch gehen bis ein großes Aufrütteln durch die Köpfe geht?  

Pause. 

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